Versicherer und das Geld

Der Fall von Melanie Z.: Sie hatte 3.003 Euro an die VPV gezahlt. Als Rückkaufswert bekam sie zunächst 364,62 Euro. „Zu wenig“ befanden wir und beanstandeten das bei der VPV. Daraufhin erstattete man den Stornoabzug in Höhe von 243,75 Euro. „Immer noch zu wenig“ – der Ombudsmann für Versicherungen wurde eingeschaltet. Die Neuabrechnung brachte eine weitere Nachzahlung von 371,39 Euro, weil man die Abschlusskosten auf die gesamte Laufzeit verteilt und so den Mindestrückkaufswert neu berechnet habe. „Immer noch zu wenig“ mussten wir feststellten, denn auch das Deckungskapital ist ohne jede Berücksichtigung von Abschlusskosten zu ermitteln.

Ende Juli 2012 hatte der Bundesgerichtshof zunächst gegen den Versicherer Deutscher Ring und in den Folgemonaten auch gegen die Unternehmen Ergo, Generali und Signal Iduna entschieden, dass ihre nahezu von der gesamten Branche verwendeten Klauseln zur Kündigung, zur Beitragsfreistellung und zum Stornoabzug bei Kapitallebens- und privaten Rentenversicherungen unwirksam sind. Unserem Aufruf, Ansprüche geltend zu machen, folgten Zehntausende Versicherte wie Melanie Z., die uns ihre Korrespondenz mit den Versicherungskonzernen für eine Auswertung zur Verfügung stellten.

Gemischte Bilanz: Versicherer zahlen zögerlich, oft unzureichend und nicht nachvollziehbar

Ein Jahr nach den wegweisenden Urteilen des Bundesgerichtshofs und nach Auswertung Tausender bei uns zur Prüfung eingereichten Fälle kommen wir zu der Einschätzung: Die Nachzahlungen der Versicherungswirtschaft wegen zu geringer Rückkaufswerte bei vorzeitig gekündigten oder beitragsfrei gestellten Kapitallebens- und privaten Rentenversicherungen erfolgen noch zu zögerlich, sind oft unzureichend und in der Regel nicht nachvollziehbar.

  • Kein einziger Versicherer reguliert den Schaden von sich aus, ohne dass Verbraucher ihren Anspruch ausdrücklich geltend machen.
  • Alle Versicherer berufen sich – wenn möglich – auf Verjährung und behalten damit Millionen von Euro ein.
  • Die überwiegende Mehrheit der Versicherer zahlt ihren Kunden nicht die ihnen zustehenden Zinsen aus.
  • Alle Versicherer verweigern eine nachvollziehbare Abrechnung.

Wer erhält Nachzahlungen und wer geht leer aus? Wie viel Geld wird nachgezahlt? Wie regulieren die einzelnen Versicherer? Die ausführlichen Ergebnisse unserer Zwischenbilanz haben wir für Sie zusammengefasst.

Versicherer zahlen nur in 8 Prozent der Fälle Zinsen

Demnach erhielten 25 Prozent der Verbraucher, die ihren Anspruch anmeldeten, eine Nachzahlung. Diese betrug im Schnitt 733 Euro pro Vertrag. Doch nur in 8 Prozent der untersuchten Fälle wurden auch die selbstverständlich zu erstattenden Zinsen gezahlt. Gemeint sind Zinsen aus gezogener Nutzung, die die Unternehmen seit dem jeweiligen Zeitpunkt der Kündigung mit dem an sich ihren Kunden zustehenden Geld erwirtschaften konnten, sowie weitere Verzugszinsen. Dabei geht es nicht um Kleckerbeträge. In einem Fall waren es immerhin mehr als 1.500 Euro.

Versicherer berufen sich knallhart auf Verjährung

20 Prozent der Verbraucher bekamen kein Geld, weil sich das Versicherungsunternehmen auf Verjährung berief. Dass die Versicherer knallhart den Verjährungseinwand ins Feld führen, empfinden viele Verbraucher als Schlag ins Gesicht. Sehr häufig haben die Betroffenen ihre Ansprüche sogar fristgerecht in unverjährter Zeit angemeldet und wurden abgewimmelt. Im Vorgehen der Versicherer sehen wir einen klaren Rechtsmissbrauch und sich wünschen uns, dass rechtspolitisch nachgebessert wird. Bei rund 3,2 Millionen gekündigten Versicherungsverträgen jedes Jahr werden auf diese Weise Verbrauchern, die eigentlich nachzahlungsberechtigt wären, jährlich immerhin 469 Millionen Euro vorenthalten.

Verbrauchern zu ihrem Recht verhelfen

Den zahlreichen Versuchen der Branche, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu unterlaufen, begegnen wir mit weiteren Abmahnungen und Klagen. Rund ein Dutzend Versicherer sind im letzten Jahr „abgemahnt“ worden. Sie sollen ausdrücklich erklären, sich den Urteilen des BGH zu unterwerfen.

Doch statt Einsicht gibt es kleinliches „Herumgezicke“. Die Forderungen seien angeblich verjährt, man mache ja auch ohne eine solche Erklärung alles richtig, man wolle ein Ver­sprechen nur für einen bestimmten Zeitraum abgeben und so weiter und so fort. Doch in keinem Fall werden wir mit unseren Klagen hinter den Urteilen des Bundesgerichts­hofs zurückbleiben! Aktuell laufen Klagen gegen die Stuttgarter, Skandia, die Zurich und HDI. Weitere sind in Vorbereitung.

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Ansprüche geltend machen

Auch Sie mussten Ihre Lebens- oder private Rentenversicherung vorzeitig kündigen oder die Zahlung stoppen? Melden Sie mit unserem Musterbrief Ihre Forderungen bei Ihrem Versicherungsunternehmen an.

In unserem Beitrag „Nachschlag für Millionen” lesen Sie alles, was Sie wissen müssen, um Ihre Ansprüche geltend zu machen.

Stand vom Montag, 12. August 2013

Quelle:VBZ Hamburg

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